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Wie Literatur Krisen und Kriege vorhersagen soll

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Romane sind die "Eingeweideschau in die inneren Strukturen eines Landes", sagt der deutsche Literaturwissenschafter Jürgen Wertheimer. Wer genau liest, könne in die Zukunft schauen

Kassandra ist eine tragische Figur in der Mythologie. Die Tochter des trojanischen Königs Priamos und Schwester von Hektor und Paris war von überwältigender Schönheit gesegnet, weshalb ihr der Gott Apollon die Gabe der Weissagung schenkte. Auch Apollon selbst verliebte sich in Kassandra. Als diese jedoch seine Liebe nicht erwidert, verfluchte er sie: Fortan sollte niemand ihren Weissagungen Glauben schenken. Kassandra sah das Unheil durch das trojanische Pferd voraus, blieb jedoch unerhört. Bis heute werden solche Warnungen als Kassandrarufe bezeichnet. Für den deutschen Literaturwissenschafter Jürgen Wertheimer ist Kassandra Warnung und Inspiration zugleich. Warnung deshalb, weil wir auch heute nicht viel besser darin geworden seien, auf die Kassandras unserer Zeit zu hören – also auf Menschen, die laut Wertheimer in der Lage sind, gesellschaftliche und politische Entwicklungen sehr gut zu beobachten und zu analysieren – und frühzeitig auf die Warnungen zu reagieren. Inspiration, weil Kassandra Namensgeberin und Ausgangspunkt für ein Projekt war, das nicht nur für Wertheimer selbst, sondern wohl auch für viele Beobachter anfangs wie eines der gewagtesten und verrücktesten Unterfangen innerhalb der Zukunftsforschung erschien. Das Ziel: Krisen und Konflikte mithilfe von Literatur frühzeitig zu erkennen. Knapp vier Jahre lang untersuchten Wertheimer und sein Team in Zusammenarbeit mit dem deutschen Verteidigungsministerium Romane. "Wir schauen uns die Eingeweide einer Kultur an, lesen Subtexte, schauen, welche Emotionen die Texte in der Bevölkerung auslösen. Literatur ist ein großes Teleskop, das uns ermöglicht, ins Innere von Menschen zu schauen", sagt Wertheimer im STANDARD-Podcast "Edition Zukunft". Diese Literatur-Analyse soll – ähnlich wie Seismographen – Strukturen herauslesen, die Krisen, Konflikte oder Kriege in unterschiedlichen Regionen der Welt wahrscheinlich machen: Welche Feindbilder und Mythen werden in einer Gesellschaft konstruiert? Welche Rolle spielen Religionen? Wie wird der Sinn der Worte verfälscht, welche Begriffe werden annektiert? Daraus entstehen Prognosen, die in der Lage sind, Konflikte ein bis drei Jahre im Voraus vorherzusehen, sagt Wertheimer. Und was tun mit diesen Informationen? "Damit können wir die sich aufbauenden verlogenen Mythen bereits im Anfang kommunikativ zerstören", sagt Wertheimer. Was er damit meint: Mithilfe von Sprache lässt sich medial eine Gegenbotschaft erzeugen, die deeskalierend wirkt, noch bevor es zu einem Konflikt oder Krieg kommt. Im Podcast spricht Wertheimer außerdem darüber, was seine Forschung zu den aktuellen Entwicklungen in Afghanistan zu sagen hat, wer seiner Meinung nach die Kassandras von heute sind und wie sich die Erkenntnisse künftig auch für Europa nutzen lassen.

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Romane sind die "Eingeweideschau in die inneren Strukturen eines Landes", sagt der deutsche Literaturwissenschafter Jürgen Wertheimer. Wer genau liest, könne in die Zukunft schauen

Kassandra ist eine tragische Figur in der Mythologie. Die Tochter des trojanischen Königs Priamos und Schwester von Hektor und Paris war von überwältigender Schönheit gesegnet, weshalb ihr der Gott Apollon die Gabe der Weissagung schenkte. Auch Apollon selbst verliebte sich in Kassandra. Als diese jedoch seine Liebe nicht erwidert, verfluchte er sie: Fortan sollte niemand ihren Weissagungen Glauben schenken. Kassandra sah das Unheil durch das trojanische Pferd voraus, blieb jedoch unerhört. Bis heute werden solche Warnungen als Kassandrarufe bezeichnet. Für den deutschen Literaturwissenschafter Jürgen Wertheimer ist Kassandra Warnung und Inspiration zugleich. Warnung deshalb, weil wir auch heute nicht viel besser darin geworden seien, auf die Kassandras unserer Zeit zu hören – also auf Menschen, die laut Wertheimer in der Lage sind, gesellschaftliche und politische Entwicklungen sehr gut zu beobachten und zu analysieren – und frühzeitig auf die Warnungen zu reagieren. Inspiration, weil Kassandra Namensgeberin und Ausgangspunkt für ein Projekt war, das nicht nur für Wertheimer selbst, sondern wohl auch für viele Beobachter anfangs wie eines der gewagtesten und verrücktesten Unterfangen innerhalb der Zukunftsforschung erschien. Das Ziel: Krisen und Konflikte mithilfe von Literatur frühzeitig zu erkennen. Knapp vier Jahre lang untersuchten Wertheimer und sein Team in Zusammenarbeit mit dem deutschen Verteidigungsministerium Romane. "Wir schauen uns die Eingeweide einer Kultur an, lesen Subtexte, schauen, welche Emotionen die Texte in der Bevölkerung auslösen. Literatur ist ein großes Teleskop, das uns ermöglicht, ins Innere von Menschen zu schauen", sagt Wertheimer im STANDARD-Podcast "Edition Zukunft". Diese Literatur-Analyse soll – ähnlich wie Seismographen – Strukturen herauslesen, die Krisen, Konflikte oder Kriege in unterschiedlichen Regionen der Welt wahrscheinlich machen: Welche Feindbilder und Mythen werden in einer Gesellschaft konstruiert? Welche Rolle spielen Religionen? Wie wird der Sinn der Worte verfälscht, welche Begriffe werden annektiert? Daraus entstehen Prognosen, die in der Lage sind, Konflikte ein bis drei Jahre im Voraus vorherzusehen, sagt Wertheimer. Und was tun mit diesen Informationen? "Damit können wir die sich aufbauenden verlogenen Mythen bereits im Anfang kommunikativ zerstören", sagt Wertheimer. Was er damit meint: Mithilfe von Sprache lässt sich medial eine Gegenbotschaft erzeugen, die deeskalierend wirkt, noch bevor es zu einem Konflikt oder Krieg kommt. Im Podcast spricht Wertheimer außerdem darüber, was seine Forschung zu den aktuellen Entwicklungen in Afghanistan zu sagen hat, wer seiner Meinung nach die Kassandras von heute sind und wie sich die Erkenntnisse künftig auch für Europa nutzen lassen.

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