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Zuflucht in unserer Vergänglichkeit
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Das ist einer der gewaltigsten Psalmen der Heiligen Schrift. Wenn man die Überschrift ernst nimmt, dann stammt er von Mose selbst, als sein einziger – und gewichtiger – Beitrag zum Psalmenbuch. Gleichsam als sein Resümee der Wüstenwanderung, wie die alten Bibelausleger betonen. Hier hat er ja in den 40 Jahren das Sterben der mit ihm Aufgebrochenen in vielfältiger Weise erleben müssen. Und er wurde auch immer wieder auf die Ursache des Todes gestoßen: Rebellion gegen Gott. Aber – in allem und trotz allem – hat er den lebendigen Gott erfahren: als Zuflucht, wie er’s gleich am Anfang betont; man könnte auch übersetzen: als Wohnung, also als Ort der Geborgenheit, als Heimat, als fester Halt; als einen, zu dem ich jederzeit und an jedem Ort kommen kann und mit ihm reden darf. Im Wissen, dass er mich ernst nimmt und hört.
Und so ist dieser Psalm ja ein Gebet. Er beginnt mit der Anrede „HERR“ und mit dem Lob, und er endet mit Bitten für das tägliche Leben. Alle ernsten Aussagen über die Vergänglichkeit unseres menschlichen Lebens sind in dieses Gebet integriert, sind umschlossen vom Wissen um den lebendigen Gott. Ihm kann ich mein kleines Leben anvertrauen. Nicht die Aussage dominiert: Mein Leben ist vom Tod umgeben! – Sondern die: Mein vergängliches Leben ist vom lebendigen Gott umgeben!
Das fängt mit dem Bekenntnis an: Bei dir, der du die gewaltigen Berge und alles geschaffen hast, finde ich Halt. Warum er wohl hier die Berge extra erwähnt? Vielleicht weil sie als das Festeste erscheinen, das es gibt: hoch aufragend, steil und unzugänglich, bei anderen Völkern deshalb als Göttersitz verstanden. Aber der lebendige Gott ist größer – er hat sie gemacht; sie sind das Werk seiner Hände. Auf einem dieser Berge, auf dem Sinai, durfte Mose dem lebendigen Gott ja selbst begegnen; und bei diesem starken Gott finde ich Zuflucht! Sagt Mose, und wir dürfen es auch.
Und das Bekenntnis fährt fort: Bei dir, für den unsre Lebenszeit ein Klacks ist, finde ich Geborgenheit; 1000 Jahre sind vor dir wie der gestrige Tag, ja wie eine Nachtwache, also einige Stunden, unter die die Nacht aufgeteilt war. Man könnte zusammenfassend sagen: Bei dir, Schöpfer von Raum und Zeit, da finde ich Zuflucht. – So fängt dieses Gebet an. Und es endet mit der schlichten Bitte, dass dieser lebendige Gott mich doch in den kleinen alltäglichen Belangen begleiten und führen möge: „Ja, das Werk unsrer Hände wollest du fördern.“ Damit endet der Psalm. Bekenntnis und Bitte rahmen ihn ein.
In diesen Mut machenden Rahmen hinein stellt Mose nun die Aussagen, die leicht mutlos machen könnten. Man könnte sagen: Die Ermutigung rahmt alle Aussagen, die ernüchtern, und auch die, die diese Ernüchterung erklären. Ernüchterung und Erklärung werden von der Ermutigung umgeben und eingerahmt. Das wollen wir uns nun auch kurz anschauen. Ja, es ist ernüchternd: unser Leben hier ist endlich.
Vor ein paar Tagen ging ich über unseren Friedhof, betrachtete die Grabsteine, las die Namen und die Lebensdaten: Geburtsjahr, Sterbejahr, dazwischen ein Strich – und ich erschrak: dieser Strich entspricht dem menschlichen Leben. Das Leben ist wie ein Strich!
Auch Mose verwendet Bilder der Kürze im Psalm: wie Wasser nach einem Regenguss ist es – schnell versickert; wie ein Schlaf, an den ich mich nicht erinnern kann; wie eine Wüstenblume, die nach einigen Regentropfen schnell aufblüht – und ebenso schnell vertrocknet im heißen Wüstenwind. Wie ein Geschwätz, also einige unbedeutende Worte. So ist das Leben – ernüchternd, das so zu sehen.
An einer italienischen Friedhofsmauer fand ich die Aufschrift: „Qui ha fine la superbia umana“ – Hier hat’s ein Ende mit dem menschlichen Stolz. Ernüchterung. Und Mose bekennt auch den Grund dafür. Nach der Ernüchterung kommt die Erklärung. Der Tod ist nicht ursprünglich Gottes Plan gewesen; er kam wegen des Misstrauens der ersten Menschen ihm gegenüber, wegen ihrer Rebellion gegen ihn: wir wollen selber sein wie Gott! Der Tod ist also die Folge von Gottes Zorn über diese Abkehr. Der Apostel Paulus wird später schreiben: „Der Sünde Sold ist der Tod“; mit dem Tod wird also dieser Abbruch der Vertrauensbeziehung zu Gott bezahlt, bis heute. Und Mose hat ja dies immer neue Aufflackern des Misstrauens oft erleben müssen!
Tod und Trennung von Gott – so erleben wir es um uns herum auch. Aber wie nun darauf reagieren? Zum einen: bewusst wahrnehmen, dass auch unsre eigenen Tage gezählt sind. Und dann, nach Ernüchterung und Erklärung, zur Ermutigung zurückkehren. Mose betet hier: „Fülle uns frühe mit deiner Gnade“ – so wie mit dem täglichen Brot. Fülle uns mit der Gnade des Wissens um die Ewigkeit; dass wir ewige Geborgenheit haben dürfen durch die Glaubensbeziehung zum ewigen Gott; und dass unser kleines Leben Ewigkeitswert haben kann durch ihn. Alle kleinen Taten, mit ihm zusammen hier getan, haben dann Ewigkeitswert. Fülle uns mit der Gnade – und jetzt greife ich weit nach vorne ins Neue Testament hinein – mit der Gnade, die in Jesus Christus groß geworden ist, dass er die Macht der Sünde und des Todes besiegte. Erfülle uns mit dieser Gnade, dass wir ihm unser Leben anvertrauen. Und dann hinter der Todeslinie bei ihm sind. Und vor ihr auch: indem wir dankbar jeden Tag leben – und zwar fröhlich – und unser Tagwerk bewusst tun, das „Werk unsrer Hände“.
Vor 13 Jahren starb meine erste Frau. Ich habe auf ihren Grabstein schreiben lassen: „Jesus lebt – und ich mit ihm“. Das gilt hinter der Todeslinie und vor ihr. Gut, wenn dieses „Fülle uns frühe“ das Bekenntnis des Lebens ist, zumindest von heute an. Dann haben wir in allem Zuflucht beim lebendigen Gott.
Autor: Pfarrer Horst Bergmann
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Das ist einer der gewaltigsten Psalmen der Heiligen Schrift. Wenn man die Überschrift ernst nimmt, dann stammt er von Mose selbst, als sein einziger – und gewichtiger – Beitrag zum Psalmenbuch. Gleichsam als sein Resümee der Wüstenwanderung, wie die alten Bibelausleger betonen. Hier hat er ja in den 40 Jahren das Sterben der mit ihm Aufgebrochenen in vielfältiger Weise erleben müssen. Und er wurde auch immer wieder auf die Ursache des Todes gestoßen: Rebellion gegen Gott. Aber – in allem und trotz allem – hat er den lebendigen Gott erfahren: als Zuflucht, wie er’s gleich am Anfang betont; man könnte auch übersetzen: als Wohnung, also als Ort der Geborgenheit, als Heimat, als fester Halt; als einen, zu dem ich jederzeit und an jedem Ort kommen kann und mit ihm reden darf. Im Wissen, dass er mich ernst nimmt und hört.
Und so ist dieser Psalm ja ein Gebet. Er beginnt mit der Anrede „HERR“ und mit dem Lob, und er endet mit Bitten für das tägliche Leben. Alle ernsten Aussagen über die Vergänglichkeit unseres menschlichen Lebens sind in dieses Gebet integriert, sind umschlossen vom Wissen um den lebendigen Gott. Ihm kann ich mein kleines Leben anvertrauen. Nicht die Aussage dominiert: Mein Leben ist vom Tod umgeben! – Sondern die: Mein vergängliches Leben ist vom lebendigen Gott umgeben!
Das fängt mit dem Bekenntnis an: Bei dir, der du die gewaltigen Berge und alles geschaffen hast, finde ich Halt. Warum er wohl hier die Berge extra erwähnt? Vielleicht weil sie als das Festeste erscheinen, das es gibt: hoch aufragend, steil und unzugänglich, bei anderen Völkern deshalb als Göttersitz verstanden. Aber der lebendige Gott ist größer – er hat sie gemacht; sie sind das Werk seiner Hände. Auf einem dieser Berge, auf dem Sinai, durfte Mose dem lebendigen Gott ja selbst begegnen; und bei diesem starken Gott finde ich Zuflucht! Sagt Mose, und wir dürfen es auch.
Und das Bekenntnis fährt fort: Bei dir, für den unsre Lebenszeit ein Klacks ist, finde ich Geborgenheit; 1000 Jahre sind vor dir wie der gestrige Tag, ja wie eine Nachtwache, also einige Stunden, unter die die Nacht aufgeteilt war. Man könnte zusammenfassend sagen: Bei dir, Schöpfer von Raum und Zeit, da finde ich Zuflucht. – So fängt dieses Gebet an. Und es endet mit der schlichten Bitte, dass dieser lebendige Gott mich doch in den kleinen alltäglichen Belangen begleiten und führen möge: „Ja, das Werk unsrer Hände wollest du fördern.“ Damit endet der Psalm. Bekenntnis und Bitte rahmen ihn ein.
In diesen Mut machenden Rahmen hinein stellt Mose nun die Aussagen, die leicht mutlos machen könnten. Man könnte sagen: Die Ermutigung rahmt alle Aussagen, die ernüchtern, und auch die, die diese Ernüchterung erklären. Ernüchterung und Erklärung werden von der Ermutigung umgeben und eingerahmt. Das wollen wir uns nun auch kurz anschauen. Ja, es ist ernüchternd: unser Leben hier ist endlich.
Vor ein paar Tagen ging ich über unseren Friedhof, betrachtete die Grabsteine, las die Namen und die Lebensdaten: Geburtsjahr, Sterbejahr, dazwischen ein Strich – und ich erschrak: dieser Strich entspricht dem menschlichen Leben. Das Leben ist wie ein Strich!
Auch Mose verwendet Bilder der Kürze im Psalm: wie Wasser nach einem Regenguss ist es – schnell versickert; wie ein Schlaf, an den ich mich nicht erinnern kann; wie eine Wüstenblume, die nach einigen Regentropfen schnell aufblüht – und ebenso schnell vertrocknet im heißen Wüstenwind. Wie ein Geschwätz, also einige unbedeutende Worte. So ist das Leben – ernüchternd, das so zu sehen.
An einer italienischen Friedhofsmauer fand ich die Aufschrift: „Qui ha fine la superbia umana“ – Hier hat’s ein Ende mit dem menschlichen Stolz. Ernüchterung. Und Mose bekennt auch den Grund dafür. Nach der Ernüchterung kommt die Erklärung. Der Tod ist nicht ursprünglich Gottes Plan gewesen; er kam wegen des Misstrauens der ersten Menschen ihm gegenüber, wegen ihrer Rebellion gegen ihn: wir wollen selber sein wie Gott! Der Tod ist also die Folge von Gottes Zorn über diese Abkehr. Der Apostel Paulus wird später schreiben: „Der Sünde Sold ist der Tod“; mit dem Tod wird also dieser Abbruch der Vertrauensbeziehung zu Gott bezahlt, bis heute. Und Mose hat ja dies immer neue Aufflackern des Misstrauens oft erleben müssen!
Tod und Trennung von Gott – so erleben wir es um uns herum auch. Aber wie nun darauf reagieren? Zum einen: bewusst wahrnehmen, dass auch unsre eigenen Tage gezählt sind. Und dann, nach Ernüchterung und Erklärung, zur Ermutigung zurückkehren. Mose betet hier: „Fülle uns frühe mit deiner Gnade“ – so wie mit dem täglichen Brot. Fülle uns mit der Gnade des Wissens um die Ewigkeit; dass wir ewige Geborgenheit haben dürfen durch die Glaubensbeziehung zum ewigen Gott; und dass unser kleines Leben Ewigkeitswert haben kann durch ihn. Alle kleinen Taten, mit ihm zusammen hier getan, haben dann Ewigkeitswert. Fülle uns mit der Gnade – und jetzt greife ich weit nach vorne ins Neue Testament hinein – mit der Gnade, die in Jesus Christus groß geworden ist, dass er die Macht der Sünde und des Todes besiegte. Erfülle uns mit dieser Gnade, dass wir ihm unser Leben anvertrauen. Und dann hinter der Todeslinie bei ihm sind. Und vor ihr auch: indem wir dankbar jeden Tag leben – und zwar fröhlich – und unser Tagwerk bewusst tun, das „Werk unsrer Hände“.
Vor 13 Jahren starb meine erste Frau. Ich habe auf ihren Grabstein schreiben lassen: „Jesus lebt – und ich mit ihm“. Das gilt hinter der Todeslinie und vor ihr. Gut, wenn dieses „Fülle uns frühe“ das Bekenntnis des Lebens ist, zumindest von heute an. Dann haben wir in allem Zuflucht beim lebendigen Gott.
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