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SWR2 Kultur Aktuell
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Welche Bücher sind neu, was läuft im Kino, wie sieht die Festivalsaison aus und worüber diskutieren Kulturwelt und Kulturpolitik? Im Podcast SWR Kultur Aktuell widmen wir uns täglich den Nachrichten, mit Hintergründen, Gesprächen, Kritiken und Tipps. Damit Sie nichts Wichtiges mehr verpassen! Zur Sendung in der ARD Audiothek: https://www.ardaudiothek.de/sendung/swr2-kultur-aktuell/12779998/
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1 „Heldin“ mit Leonie Benesch: Alltag einer Krankenhauspflegerin 3:36
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An Floria wird von allen Seiten gezerrt. Ein Mann muss schnell in den OP gebracht werden. Eine Frau hätte seit Stunden ein neues Antibiotikum bekommen sollen. Ständig klingelt das Telefon oder ein Zimmeralarm piepst. Und der anspruchsvolle Privatpatient findet es eine Unverschämtheit, wenn das geforderte Schmerzmittel nicht innerhalb von Minuten gebracht wird. Floria arbeitet auf der unterbesetzten Chirurgiestation eines Schweizer Krankenhauses. Zusammen mit ihrer Kollegin muss sie sich um 25 Patienten kümmern. Arbeiten im permanenten Ausnahmezustand Atemlos folgt ihr die Kamera von Zimmer zu Zimmer, wie sie versucht, ihre Kontrollrunde zu absolvieren und trotz des Multitaskings keine Fehler zu machen. Denn die enden hier im schlimmsten Fall tödlich. Regisseurin und Drehbuchautorin Petra Volpe dokumentiert in „Heldin“ mit präzisem Blick das Arbeiten im permanenten Ausnahmezustand. Es passiert so viel, dass man fast vergisst, dass sich die gesamte Handlung während einer einzigen Spätschicht abspielt. Thriller getarnt als Dokumentarfilm „Heldin“ basiert auf dem autobiographischen Roman „Unser Beruf ist nicht das Problem – es sind die Umstände“ der Berliner Pflegerin Madeline Calvelage. Sie hat ebenfalls am Drehbuch mitgewirkt und dafür gesorgt, dass alle medizinischen Abläufe bis ins letzte Detail stimmen. Das Drehbuch verzichtet auf jeden Knalleffekt. Und doch ist der dokumentarisch anmutende Film gleichzeitig ein Thriller, in dem der Druck immer weiter steigt. Pflegerin Floria verliert permanent gegen die Zeit Obwohl die Uhr gegen die Heldin läuft, spielt Leonie Benesch Floria mit fast unerschütterlicher Gelassenheit. Eine empathische Pflegerin, die sich über die eigene Belastungsgrenze hinaus für ihre Patienten aufreibt. Sie kann allerdings kaum so für sie da sein, wie sie es gerne würde. Denn Zuhören, Hinsetzen, Handhalten sind im Zeitbudget schlicht nicht vorgesehen. Dass Floria sich diese Momente manchmal trotzdem nimmt, mutet fast wie ein Akt des Widerstands an. Zum Beispiel wenn sie eine demente Patientin beruhigt, indem sie mit ihr singt. „Heldin“ ist ein filmisches Denkmal für den Beruf Dem unterbezahlten, gesellschaftlich wenig anerkannten Pflegeberuf setzt „Heldin“ ein Denkmal und damit speziell den vielen Frauen, die mit viel Herzblut in ihm arbeiten. Der Film macht darauf aufmerksam, welche Verantwortung die Pfleger und Pflegerinnen tragen, während die Überlastung in einem maroden Gesundheitssystem wächst. Die Folge: Jede dritte Pflegekraft steigt nach vier Jahren wieder aus dem Beruf aus. Das Statistische Bundesamt schätzt, dass in Deutschland bis zum Jahr 2029 260.000 Pflegekräfte fehlen könnten. Was das für die Gesellschaft bedeutet, kann man sich nach diesem Film ziemlich gut vorstellen. Werbung für den Beruf ist „Heldin“ definitiv nicht. Stattdessen verwandelt der Film den abstrakten Begriff „Pflegekräftemangel“ in ein konkretes Schreckensszenario, das die Politik schnellstmöglich angehen sollte. Trailer „Heldin“, ab 27.2. im Kino…
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1 Wie ukrainische Schriftsteller auf einen möglichen Frieden blicken 5:52
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Seit drei Jahren herrscht Krieg in der Ukraine. Der veränderte Kurs der USA unter dem neuen Präsidenten Donald Trump verunsichert die Lage weiter. Wie fühlt sich die Situation für die Ukrainerinnen und Ukrainer an? „Geteilter Horizont – Die Zukunft der Ukraine“ Kateryna Mishchenko ist Verlegerin, Autorin und Herausgeberin des Buches „Geteilter Horizont – Die Zukunft der Ukraine“, das im Mai im Suhrkamp-Verlag erscheint. Darin erklären Schriftstellerinnen und Schriftsteller ihre Haltung zu einem möglichen Frieden und ihre Hoffnungen für die Zukunft der Ukraine. Ein Frieden zum Ungunsten der Ukraine findet Kateryna Mishchenko skandalös. „Wir hören schon rechtsradikale Stimmen, die sagen, die Ukraine muss jetzt zahlen“, sagt sie im Gespräch mit SWR Kultur.…
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1 Wang Xiaobo – Das goldene Zeitalter | Buchkritik 4:09
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Der Horror des „Großen Sprungs nach vorn“ – eine verheerende Hungersnot mit Millionen Toten – war erst einige Jahre her, da setzte Mao den nächsten Schrecken in Gang: die Kulturrevolution. Mit fortgesetztem Klassenkampf, Personenkult und Roten Garden gegen die selbstverschuldete Krise. Der Schriftsteller Wang Xiaobo, geboren 1952, wurde damals als Achtzehnjähriger zur Landarbeit in die chinesische Provinz verschickt. Das geschieht auch seinem Alter Ego, dem Studenten Wang Er, der bitter feststellt: Ich bin einundzwanzig. Das Goldene Zeitalter meines Lebens. Ich hatte eine Menge extravaganter Träume, ich wollte lieben, ich wollte essen (…). Erst später wurde mir klar: Leben heißt, dass man in einem langen, qualvollen Prozess die Eier zertrümmert kriegt. Quelle: Wang Xiaobo – Das goldene Zeitalter Der Roman „Das goldene Zeitalter“ ist ein Aufbegehren gegen diese Kastrationsdrohung. Wenn Wang Er von der Zeit in der Produktionsbrigade berichtet, ist deshalb weniger von der Sklavenarbeit die Rede als von renitenten und drastisch erzählten Liebesfreuden. Seine Partnerin dafür ist die hübsche junge Ärztin Chen Qingyang. Ein „ausgelatschter Schuh“ Zur Strafe für die Abweisung der Avancen eines Militärkaders hat man sie ebenfalls aufs Land geschickt und ihr den Ruf angeheftet, ein „ausgelatschter Schuh“ zu sein – eine Frau mit lockerer Sexualmoral. Wang Er, der Chen wegen seiner vom Reispflanzen verursachten Rückenschmerzen aufsucht, rät ihr ab, nun demütig in Sack und Asche zu gehen. Sie solle den schlechten Ruf stattdessen als Privileg nutzen. Empört gibt ihm Chen eine Ohrfeige, taucht aber bald wieder bei Wang auf, um gemeinsam den Schuh auszulatschen. Daraufhin hat das Paar bald die Rituale von öffentlicher Anprangerung und Beschimpfung, Selbstkritik und Umerziehung auszustehen. Wang wird verhaftet, er kann sich aber wieder freischreiben durch Schuldbekenntnisse – möglichst detaillierte Schilderungen der unehelichen sexuellen Aktivitäten, die die Parteibürokraten lesen wie einen erotischen Fortsetzungsroman. Eigentlich hätten wir für unsere furchtbaren Verbrechen standrechtlich erschossen werden müssen, und es war allein der großen Gnade der Kader zu verdanken, dass wir nur Geständnisse schreiben mussten. (…) Die Kader behaupteten immer, meine Geständnisse seien nicht gründlich genug, ich müsse noch mehr gestehen. Quelle: Wang Xiaobo – Das goldene Zeitalter Trotzkopf im Kollektiv Gegen den Kollektivismus lässt Wang Xiaobo einen individualistischen Trotzkopf antreten, der weniger vom großen Mao als vom „kleinen Mönch“ in seiner Hose angetrieben wird, wie das Kosewort für seinen unermüdlichen Freudenspender lautet. Die phallische Protzerei wird mit viel Charme, halb naiv und halb schlitzohrig, vorgetragen. Wie jeder gute Schelmenroman ist „Das goldene Zeitalter“ in der Ich-Form erzählt, als handelte es sich um eine höchst authentische Autobiographie. In drei Teilen und in zeitlich verschachtelter Erzählweise werden die wichtigen Episoden und Erlebnisse aus Wang Ers Leben geschildert. Von Kind auf stellt er sich quer, eckt an in der Schule. „Der Bengel ist wie ein böser Erdgeist“, jammert sein Vater, schon als Frühgeburt in den Hungerjahren habe er ausgesehen wie eine „Abwasserratte“. Ein nicht ganz freiwilliger Selbstmord Trotzdem ist Wang Er später clever genug, eine Stelle als Biologiedozent zu ergattern. Von den merkwürdigen Zuständen an seinem Institut handelt der zweite Teil, der dritte dann unter anderem vom degradierten Herrn He, der eines Tages – wohl nicht ganz freiwillig – aus dem Fenster springt, einer der zahllosen „Selbstmorde“ zur Zeit der Kulturrevolution. Auch wenn der Roman erst jetzt (und sehr gut) von Karin Betz ins Deutsche übersetzt worden ist – in China ist er seit langem ein Kultbuch, das zunächst nur in Taiwan veröffentlicht werden konnte. Dass er heute in China geduldet wird, hat damit zu tun, dass die Epoche der Kulturrevolution inzwischen auch parteioffiziell als schwere Verirrung beurteilt wird. Wie auch immer – „Das goldene Zeitalter“ ist gelungene und gewitzte Literatur.…
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1 „Auf Rembrandts Spuren“ im Kurpfälzischen Museum Heidelberg 3:58
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Die kleine, aber feine Ausstellung „Auf Rembrandts Spuren“ im Kurpfälzischen Museum in Heidelberg zeigt, welch‘ großen Einfluss Rembrandt auf seine Zeitgenossen und Schüler hatte und wie sehr er nachfolgende Generationen von Künstlern inspirierte. Gezeigt werden daher nur einige wenige Originale von Rembrandt – der Schwerpunkt liegt auf den Werken seiner Schüler und Nachfolger. Eine Vielzahl hochkarätiger Gemälde und Grafiken, hauptsächlich niederländische Leihgaben, sind zu sehen. So sind zum Beispiel Charakterstudien und Porträts zu sehen für die Rembrandt berühmt wurde, weil er die abgebildeten Personen nicht idealisierte. Zahlreiche Künstler versuchten, seinen Stil nachzuahmen. Dafür finden sich schöne Belege in der Heidelberger Ausstellung.…
Der Stuttgarter Literaturwissenschaftler Thorsten Hoffmann erklärt im Interview: „Es geht ihr nicht primär um Wahlerfolge, sondern um eine Verschiebung dessen, was sagbar, denkbar und machbar ist.“ Rechte Verlage, Politiker und Autoren besetzen das kulturelle Feld – mit weitreichenden Folgen für den Literaturbetrieb.…
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1 Studie „Mapping the Germanosphere“: Wie sehen die Netzwerke der „Mannosphäre“ aus? 6:11
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Eine aktuelle Studie beleuchtet die frauenfeindlichen Strukturen im Internet. Die Untersuchung mit dem Titel „Germanosphere“ wurde von einem Exzellenzcluster der Freien Universität Berlin und dem Institute for Strategic Dialogue durchgeführt. Studienleiter Dominik Hammer erklärt: „Wir haben diese Netzwerke relativ schnell gefunden. Sie sind nicht besonders versteckt und bewegen sich auf den meisten Social-Media-Plattformen sowie in klassischen Forenstrukturen.“ Gruppen in der „Mannosphäre“ Die Studie beschreibt verschiedene Gruppen innerhalb der sogenannten „Mannosphäre“. Dazu gehören „Pick-up-Artists“, die manipulative Dating-Tipps verbreiten, und „Red-Pill-Gruppen“, die Frauen als parasitär und manipulierend darstellen. Hammer erläutert weiter: „Tatsächlich ist die Mannosphäre stark international geprägt und vernetzt. Die Theorien, Begriffe und Gesellschaftsanalysen werden oft eins zu eins übernommen.“ Beratungsangebote für Betroffene ausbauen Laut der Studie verstärken diese Netzwerke bestehende frauenfeindliche Einstellungen und können zur Radikalisierung beitragen. „Diese Räume schaffen einen Erklärungsansatz, der mit einem demokratischen Verständnis von Gesellschaft nicht vereinbar ist“, so Hammer. Um dem entgegenzuwirken, empfiehlt die Studie, Beratungsangebote für Betroffene auszubauen, Aufklärung auf digitalen Plattformen zu fördern und Geschlechtergerechtigkeit bereits in der schulischen Bildung zu thematisieren.…
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1 Neue Serie „KRANK Berlin“: Zwischen Sturzgeburt und Straßenschießerei 3:49
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Das KRANK ist ein Akronym, eine Abkürzung in Großbuchstaben für das Krankenhaus Neukölln. Von außen ein fleckig brutalistisches Betonungetüm. Stellenweise erinnert es an eine ramponierte Weltraumstation, in die Rettungswagen einfliegen und wieder auschwärmen. Im Inneren versuchen Ärzte mehr oder weniger eigenständig, eine Notfallversorgung am Laufen zu halten. Natürlich ist in dieser Serie der Name auch Programm: „krank“ sind hier nicht nur die Patientinnen und Patienten, die manchmal sturzbachartig die Notfallstation fluten, krank ist auch die Organisation, das System, das die Menschen, die darin arbeiten, aus vielen Gründen überfordert. Idee vom ehemaligen Notfallarzt Samuel Jefferson Dr. Suzanna Parker hat in München einen privaten Scherbenhaufen hinterlassen, das wird im Lauf der Serie klar. Im KRANK soll sie die Notaufnahme leiten und ist von der ersten Sekunde voll drin, zwischen Sturzgeburt und Straßenschießerei. Aber hier hat niemand auf sie gewartet. Idee und Originaldrehbuch stammen von dem ehemaligen Notfallarzt Samuel Jefferson aus England. Diese Konstellation erinnert an den Bestseller „This Is Going to Hurt“ von dem Arzt und Comedian Adam Kay, der ebenfalls zu einer sehr erfolgreichen Krankenhausserie verarbeitet wurde. „KRANK“ geht etwas sparsamer mit Humor um, wirkt aber nicht weniger authentisch, und bietet im Erzähltempo ein paar Berliner Umdrehungen mehr. „KRANK“ setzt neue Maßstäbe bei den Krankenhaus-Serien „KRANK“ hat schon im Vorfeld ziemlich viel Lob eingeheimst und das völlig zurecht. Mit Haley Louise Jones, Slavko Popadic, Safak Sengül oder Bernhard Schütz als Rettungssanitäter ist sie bis in die Nebenrollen aufregend besetzt. Die Krankheitsbilder sind teilweise krass, es gibt natürlich auch Lovestories, aber für Geplänkel oder Chefarztgetue ist definitiv keine Zeit. Mit subjektiver Wackelkamera, verwischten Farben und Tönen scheint die Serie ihren Protagonisten für Momente in den Kopf zu kriechen, sie bewegt sich visuell in ganz eigenen Sphären. „KRANK“ thematisiert gelungen den Skandal im Gesundheitssystem Auch was die Tiefe, Empathie und Härte angeht, mit der hier die Figuren gezeichnet werden, muss man lange nach Vergleichbarem in der deutschen Serienlandschaft suchen. Ein bisschen erinnert „KRANK“ an die frühe Berliner Polizeiserie „KDD“. Denn sie ist auch eine berührende Hommage an den Kiez von Neukölln. Im KRANK treffen sich „Drogis“, Obdachlose, Dragqueens, verwahrloste Alte, Straßenstricher und werden mit herber Herzlichkeit aufgenommen. Dass dabei Menschlichkeit zum Knochenjob wird, der vom Gesundheitssystem nicht gedeckt ist, das ist der Skandal, der dahinter steckt. Und auch den verschweigt die Serie nicht. Trailer „KRANK Berlin“ ab 26.2. auf Apple TV+…
Auf den Komponisten Arnold Schönberg geht das Bonmot zurück, dass Kunst nicht von ‚Können‘, sondern von ‚Müssen‘ komme – womit er vor allem die Vorstellung dekonstruierte, ein souverän agierender und in sich ruhender Mensch handle frei von materiellen Sorgen und körperlichen Beschwerden im Dienste des Guten, Wahren, Schönen. Dass große Kunst jedoch immer auch mit Schmerzen, Versagensängsten und unbeherrschten Gefühlsausbrüchen zu tun hat, dafür steht wie kaum ein anderer der Florentiner Benvenuto Cellini, von dessen Autobiographie Goethe nicht zuletzt deshalb begeistert war – und sie ins Deutsche übersetzte –, weil Cellini sein Leben selbst zum Kunstwerk stilisierte. Und dies ist auch der Ansatz, unter dem der Kunsthistoriker Andreas Beyer dem Goldschmied und Bildhauer Cellini ein Buch widmet, das den Untertitel ‚Ein Leben im Furor‘ trägt. Nicht nur die Werke des Florentiners stehen hier im Mittelpunkt, sondern vor allem die Umstände, die sie entstehen ließen. Und zu diesen gehört ein überaus widersprüchlicher und aufbrausender Charakter, den Giuseppe Baretti, der Wiederentdecker der Autobiographie des Künstlers, wie folgt beschrieb: „Kühn wie ein französischer Artillerist, rachsüchtig wie eine Viper, überaus abergläubisch, voller bizarrer Einfälle und Launen.“ Dem Herrscher ebenbürtig Und gewalttätig war er: Andreas Beyer schildert die Umstände der drei Morde, die Cellini im Laufe seines Lebens beging und die immer im Zusammenhang mit der Entstehung eines seiner Werke standen. Es sind diese Werke – ob das berühmte ‚goldene Salzfass‘ für den französischen König François I oder der die Medusa tötende Perseus für den Medici-Herzog Cosimo I. –, welche dem Künstler in der frühen Neuzeit eine dem souveränen Herrscher ebenbürtige Stellung verschafften, nämlich über dem Gesetz; mit den Worten Andreas Beyers: Die plenitudo potestatis des Künstlers, seine nur Fürsten vergleichbare Souveränität, findet in Cellini einen ihrer selbstbewusstesten Träger. Quelle: Andreas Beyer – Cellini. Ein Leben im Furor Der Künstler als Verbrecher Andreas Beyers Berliner Kollege Horst Bredekamp hat vor einigen Jahren den bezeichnenden Titel „Der Künstler als Verbrecher“ für einen Vortrag gefunden, in dem er die Ästhetik vieler Künstler der frühen Neuzeit – wie Veit Stoß, Michelangelo oder Bernini – als Garantin ihrer Rechtsenthobenheit analysierte. Und Beyer zeigt, wie radikal diese Kunst-Souveränität von Cellini beansprucht und gelebt wurde. Gleichzeitig macht er deutlich, dass diese Sonderstellung Ausdruck eines überaus modernen Künstler-Selbstbewusstseins ist – modern im Sinne der berühmten Pariser Querelle des 17. Jahrhunderts, in der die Überlegenheit des französischen Klassizismus über die Antike gepriesen wurde. Mehr als ein Jahrhundert früher preist der französische König Cellinis Jupiter-Darstellung dafür, dass dieses Werk jedem Vergleich mit antiken Vorbildern nicht nur standhalte, sondern diese sogar überträfen. Daneben betont Beyer einen anderen, nicht weniger wichtigen Aspekt dieses exemplarischen Künstlerlebens, wenn er von der „künstlerischen Übertragungsleistung“ Cellinis spricht; mit dieser habe er offenbar kompensiert, was er weder öffentlich leben noch verbal zum Ausdruck bringen konnte. So manifestiert sich laut Beyer im ‚Perseus‘, der bis heute eine der Attraktionen der Loggia dei Lanzi im Herzen von Florenz ist, die Einlagerung der erotischen Energie des Künstlers als symbolischer Schöpfungsakt: Cellini hat das Primat der unmittelbaren Herleitung der Kunst aus der Natur betont und so die zeitgenössische Doktrin von der nur geistigen Hervorbringung der Kunst konterkariert. Quelle: Andreas Beyer – Cellini. Ein Leben im Furor Einzelgänger und Außenseiter À propos erotische Energie: Wie frauenverachtend, ja gewalttätig der bis in sein 62. Lebensjahr ewige Junggeselle Cellini war, erläutert Beyer an verstörenden Erzählungen aus diesem Leben, als dessen Konstante Uwe Neumahr in seiner 2021 zum 450. Todestag erschienen Cellini-Biographie den ewigen Kampf ausmachte. Ein Kampf, den er womöglich kämpfen musste, weil er ihm die Energie zu seiner außergewöhnlichen Kunst gab – die er schaffen musste. Als einen notorischen Einzelgänger und ewigen Außenseiter beschreibt ihn Andreas Beyer im letzten Satz seines Buches – und als einen, „der in seiner Vereinzelung zur Essenz modernen Künstlertuns geworden war.“…
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1 Mit Wolle und Nadel - Häkelkunst von Katharina Krenkel 3:19
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Während in den letzten Jahren viele Kunstschaffende angefangen haben mit Wolle und Stoff zu arbeiten und textile Werke eine große Rolle in der zeitgenössischen Kunst spielen, hat Katharina Krenkel bereits vor über 30 Jahren damit begonnen. Sie merkte schnell, sie kann mit dem Häkeln künstlerisch alles erzählen, was sie möchte.…
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1 Bratfett, Hitler, Schokolade – die Kulturgeschichte des Sammelbildchens 4:40
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Die Badische Landesbibliothek Karlsruhe zeigt die Kulturgeschichte des Sammelbildchens. Als kleine, aber oft hochwertige Werbebeilagen von Konsumprodukten waren diese Bilder millionenfach verbreitet. In Sammelalben bilden sie Wunderkammern im Kleinformat – und einen Gesellschaftsspiegel sondergleichen.…
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1 Kreativität auf Rädern: Die Motivwagen der Mainzer Fastnacht 6:57
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In diesem Jahr thematisieren die Wagen unter anderem die Ampel-Koalition, die Bürokratie in Deutschland und internationale Konflikte. Ein besonderes Highlight ist für Apitz der Wagen mit Boris Pistorius, der sich scheinbar geschützt hinter einem NATO-Schirm versteckt – bis sich beim Vorbeifahren herausstellt, dass er darunter völlig nackt ist.…
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1 Kinostart von „Like a Complete Unknown“ - Biopic über Bob Dylan 3:34
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Bob Dylan ist zweifellos ein großartiger Musiker. Und von nun an auch einer, der nicht nur auf der Bühne zu Hause ist: Sein Leben kommt nun auch auf die Leinwand. Ende Februar kommt der Film „Like a Complete Unknown“ in die Kinos. Auf der Berlinale wurde Hauptdarsteller und Hollywood-Star Timothée Chalamet mit Begeisterung und einem Kreischkonzert empfangen.…
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1 Rettet die Soziale Medien: Initiative „Save social“ will andere Plattformen 6:11
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Soziale Medien fördern nicht die Demokratie Der Ton im Wahlkampf habe sich in jedem Fall geändert. Staschen betont weiter: Soziale Medien seien nicht für demokratische Prozesse geschaffen worden, sondern um „Gewinne zu maximieren“. In der heutigen Aufmerksamkeitsökonomie würden die Algorithmen der sozialen Medien die Inhalte bevorzugt, die polarisieren. Mit seiner Initiative „Save Social“ – die unter anderem auch von Jan Delay oder Marc-Uwe Kling unterstützt wird – will Staschen solche Sozialen Medien fördern, die anders als X, TikTok, Instagram oder Facebook funktionieren. So sollen „offene Standards“ eingeführt werden, durch die Daten dezentral organisiert werden.…
Regen. Salzwasser. Wellen. Schon die ersten Bilder – oder sollte man sagen Elemente? – in Etel Adnans Band „Hochbranden“ ziehen einen hinein in das evokative Universum dieser Dichterin und Denkerin. Es sind sinnstiftende, da programmatische Bilder. Denn wie Wellen und das Meer kräuseln sich in diesem Band auch die Gedanken und Überlegungen in einer unendlichen Bewegung. Regen kehrt zum Klang seines Ursprungs zurück, wenn die Nacht sich ausbreitet; über dem Land ist die Nacht so lang wie die verlassenen Straßen einer Stadt ... oder der Weg zu fernen Galaxien. Quelle: Etel Adnan – Hochbranden Erkundungen über das Sein Tatsächlich ist „Hochbranden“ eine tiefgründige Erkundung von grundlegenden Fragen des Seins: Was ist Identität? Was ist Realität? Wo sind die Grenzen unserer Wahrnehmung und unseres Selbst? Der Band ist zusammengesetzt aus einem längeren Prosa-Gedicht und einem dreiteiligen Zyklus mit dem Titel „Gespräche mit meiner Seele“. Was die Texte eint, ist die fragmentarische Form des philosophischen Aphorismus. Niemand weiß, woraus das Leben entspringt, aber es entspringt, wie die Realität aus einem Heidegger-Buch. Normalerweise sehe ich einen Teppich auf dem Boden, Stühle, wahrscheinlich einen Hund, ganz einfach. Und wahrscheinlich alles falsch. Quelle: Etel Adnan – Hochbranden Immer wieder versinnbildlicht Adnan mit solch unerwarteten Wendungen: Es gibt keine eindeutigen Antworten auf die großen existentiellen Fragen. Im Gegenteil: Fast lustvoll bricht die Autorin mit der Illusion, es gäbe so etwas wie ein letztes Wissen. Spirituelle Gelassenheit, kindliche Neugier Spirituelle Gelassenheit ist deshalb in diesen Texten ebenso zu vernehmen wie Adnans lebenslang ungetrübte, fast kindlich anmutende Neugier auf alles, das sie umgibt: vom Nebel im geliebten San Francisco bis zum Mond am fernen Horizont. Zugleich ist nichts darin reine Abstraktion: Etel Adnan war bereits 93 Jahre alt bei Erscheinen des Bandes. Alles, worüber sie schreibt, ist durchtränkt von den Erfahrungen ihres langen Lebens. Dazu zählt auch das Nachdenken über den Tod: Wir spüren nur zu gut dieses Hochbranden einer Angst in der Obskurität der Organe, diese Obskurität, diesen inzestuösen Schmerz. Quelle: Etel Adnan – Hochbranden Das Grenzenlose denken. Denken ohne Grenzen Adnan weiß um diesen Schmerz. Aber indem sie sich selbst in den endlosen Seins-Kreislauf von Vergehen und Werden einwebt, verweigert sie dem Tod die Macht über sich und ihr Denken. Dieses Denken ist grenzenlos – wie die Gezeiten. Überhaupt: Grenzen zu überwinden ist tief in die Poetik von Etel Adnan eingeschrieben. Berge steigen in uns auf, wie es die Sprache tut, machen aus der Analogie einen wesenhaften Teil des Denkens (somit des Daseins). Daher sind Berge Sprachen und Sprachen sind Berge. Wir sprechen beides. Quelle: Etel Adnan – Hochbranden Diese Grenzenlosigkeit erlaubt es Adnan auch, Poesie und politische Realitäten mühelos miteinander zu verbinden. So lässt sie mit nur wenigen Worten das Bild einer scheinbaren Idylle in die Versehrungen einer Welt münden, die von Krieg und Vertreibung heimgesucht ist. Züge zu nehmen, ist beruhigend: Ihr gleichmäßiger Rhythmus durchdringt die Landschaften, die sie durchqueren, während viele Flüchtlinge, die am Rande von Kriegen leben, diesen Rhythmus in ihren Adern tragen. Aber in einer Stadt anzukommen, ist eine andere Geschichte: Es bedeutet, Kriegsherren in die Arme zu laufen, die ganze Ortschaften niedergemäht haben. Quelle: Etel Adnan – Hochbranden Und doch: „Hochbranden“, von Klaudia Ruschkowski in ein glasklares Deutsch übertragen, spendet Trost: Denn auch Etel Adnans Liebe zu allem Seienden ist: grenzenlos. Wer sich mit ihr auf Reise begibt, ist gerüstet für eine ungekannte Zukunft.…
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1 So war die Art Karlsruhe: Interessierte Besucher, zufriedene Galeristen 7:03
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Es gab eine ganze Reihe neu eingeladener hochkarätiger Galerien zu bestaunen, ebenso wie interessante Werke gerade auch von jungen Künstlerinnen und Künstlern. Selbst die Verkaufszahlen können sich offenbar sehen lassen, obwohl der Kunstmarkt insgesamt schwächelt und der genaue Verkaufserlös ein gut gehütetes Geheimnis ist.…
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